Konnte ich! Ich habe dazu direkt gut geschlafen, unter dem Steinbruch. Fast etwas zu nah darunter eigentlich, wenn man bedenkt, dass in einem Steinbruch Steine herausbrechen und herunterfallen können… Doch der Morgen hat mich gesund aus dem Zelt gelockt, also ist ja alles gut gegangen. Nur, dass jetzt schon wieder der guatemaltesische Opa mit seiner Enkeltochter auf dem Arm im Anmarsch ist. Ich erlitt einen mentalen Rückfall: Wenn die hier doch sind, wie in Indien?
Doch sie sind es nicht. Hier kommt dann nämlich auch die Tochter, die Mama der Kleinen und sie bringen dir frischen Kaffee und Milchbrötchen zum Frühstück. Und dann gehen sie auch wieder. Sie sind eben doch freundliche Leute, die Guatemalt…. (ich werde das nie für alle Länder wissen!). Dann stieg ich auf´s Rad und stürzte mich in den nächsten Bergauf-Tag. Wieder wie gestern: Zivilisation, Zivilisation, Zivilisation. Und ich knete gemächlich zwischen ihr durch die Straße hinauf. Überall (muss man fast) grüßen (wenn man ein freundlicher Gast sein will): Das strengt auf die Dauer an! Und manche glotzen dann doch nur zurück, anstatt zurück zu grüßen. Oder pfeifen dir gar noch hinterher, anstatt dir von vorn in die Augen zu pfeifen! Ich kann mir nicht helfen, aber hier sind die Leute irgendwie anders. Die Mexikaner waren mir vom ersten Moment an sympathisch. Aber hier ist irgendetwas anders…
Dann winken sie dir wieder von ihren Gärten, ihren Buden, ihren Dächern, ihren Omnibussen, ihren Lastwagen, ihren Steinbrüchen aus zu. Heißen dich willkommen und wünschen dir eine gute Reise. Vielleicht sind sie ja doch nicht soooo anders? Ach, ich weiß auch nicht. Jedenfalls gibt es viele gute erste Eindrücke. Aber ein ist nicht zu leugnen: Ich höre heute viel zu oft „Gringa“ und „Dinero“. Gringos sind die Amerikaner, wenn man sie ziemlich abfällig behandeln will. Das kommt noch von alten Einfall- und Belagerungsaktionen…. Und „Dinero“ ist das Geld. Ich habe in ganz Mexiko nicht ein einziges Mal den Begriff „Gringo“ oder „Gringa“ vernommen. Luca, der andere Italiener, hatte mir seinerzeit in La Paz erklärt, dass mich das ab sofort oft erwarten würde. Doch nichts! Nicht in Mexiko! Und hier? Kaum bin ich einen Tag in Guatemala, höre ich es in fast jedem Satz. Ob ich was zu essen kaufe oder was zu trinken. Sie tuscheln unter sich und hinter mir. Oder manchmal trällern mir die kleinen Kinder das hinter den Büschen hervor. Immerhin: Die meisten Kleinen winken dazu und strahlen bis über beide Ohren. Sie freuen sich ehrlich, einen „Gringo“ zu sehen. Aber allein die Tatsache, dass sie dich „Gringo“ nennen, spricht ja wohl Bände. Da weiß man doch, wie bei den Alten geredet wird!
Jedenfalls ruft das ein bisschen Unbehagen hervor, wenn man als Gast in einem Land ist. Ich kann mir jetzt ein bisschen besser vorstellen, wie sich die italienischen Gastarbeiter gefühlt haben müssen, die in ihrer Armut ihr Schicksal in die Hand genommen haben und nach Deutschland gekommen sind, um zu arbeiten. Und hier werden sie dann nur belächelt und abwertend als Spaghettifresser bezeichnet…
Santa Barbara, Guatemala (Zelt)
Tages-Km: 54,80km / -Zeit: 5:00h / -Höhenmeter: 1.057m
Gesamt-Km: 17.021km / -Zeit: 1.153h / -Höhenmeter: 153.975m
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